Systemisches Denken

Menschen sind gemeinhin gewohnt, in einfachen linearen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken. Deshalb treffen sie in Situationen, die sich durch dynamische Komplexität auszeichnen, häufig ungünstige Entscheidungen aufgrund eines defizitären Systemverständnisses. Da viele Fragestellungen des persönlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in komplexe Systeme eingebettet sind, wären bessere Entscheidungen der Akteure in solchen Bereichen wünschenswert.

Systemisches Denken befähigt zum Verständnis komplexer Systeme und umfasst vier Dimensionen:

Systemisches Denken umfasst vier zentrale Dimensionen:

  1. Vernetztes Denken: Denken in Rückkopplungskreisen
  2. Dynamisches Denken: Denken in Zeitabläufen
  3. Denken in Modellen
  4. Systemgerechtes Handeln. (Ossimitz 2000, 52)

Zu vernetztem Denken gehört für Ossimitz die Fähigkeit, neben direkten Wirkungen auch indirekte erkennen und vor allem Rückkopplungsschleifen identifizieren zu können. Weiterhin umfasst vernetztes Denken die Fähigkeit, Netze von Wirkungsbeziehungen aufbauen und verstehen zu können, wozu es einer geeigneten Darstellungsform bedarf. Hierfür empfiehlt Ossimitz das Wirkungsdiagramm:

Dynamisches Denken beinhaltet für Ossimitz ein ganzes Bündel von Fähigkeiten, die sich auf das Verhalten der Zustände eines Systems im Zeitverlauf beziehen. Als Unterdimensionen führt er an:

  1. Erkennen und Berücksichtigen der Eigendynamik von Systemen.
  2. Die Fähigkeit, zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten zu identifizieren.
  3. Erkennen der Bedeutung langfristiger Wirkungen.
  4. Erkennen und Beurteilen von charakteristischen systemischen Zeitgestalten (Verzögerungen, periodische Schwingungen, verschiedene Arten von Wachstumstypen – linear, exponentiell, logistisch usw.).[1]
  5. Ein Verständnis für das gleichzeitige Ablaufen mehrerer Vorgänge in einem komplexen System.
  6. Die Fähigkeit, Zeitgestalten adäquat darzustellen beziehungsweise in Raumgestalten umzuwandeln. Solche Zeitgestalten sind etwa periodische Schwankungen oder zeitliche Verzögerungen. (Ossimitz 2000, 55)

Unter Denken in Modellen versteht Ossimitz zunächst ein Bewusstsein des Charakters von Modellen: Sie bilden bestimmte Teilausschnitte der Wirklichkeit vereinfacht ab, wobei der gleiche Sachverhalt mit unterschiedlichen Modellen erfasst werden kann. Dabei sind verschiedene Modelle per se nicht ‚richtig‘ oder ‚falsch‘, sondern stellen unterschiedliche Vereinfachungen dar, die mit verschiedenen Prämissen operieren. Aus diesem Wissen folgt auch die Erkenntnis, dass im Modell gewonnene Erkenntnisse nicht ohne Weiteres auf die Wirklichkeit übertragen werden können. Vielmehr müssen bei diesem Transfer die komplexitätsreduzierenden Prämissen berücksichtigt werden. Weiterhin umfasst das Denken in Modellen für Ossimitz auch die Fähigkeit, selbst Modelle erstellen zu können, etwa in Form von Wirkungsdiagrammen oder System-Dynamics-Modellen.

Systemgerechtes Handeln bringt die Fähigkeit zum Ausdruck, bewusst-reflektierte Entscheidungen zur Steuerung eines Systems beziehungsweise zur Lösung einer komplexen Herausforderung treffen zu können (vgl. Ossimitz 2000, 52 ff.).

Diese Ausführungen mögen einen ersten Überblick zum systemischen Denken vermitteln. Für eine fundierte Darstellung inkl. theoretischer Hintergründe, Möglichkeithen zur Förderung systemischen Denkens und konkreter Lernumgegebungen sind in Arndt (2016) verfügbar, das auch als kostenloses E-Book erhältlich ist. Die zugehörigen Modelle und Tutorials finden sich hier.