Kenshi

Kurze Spielbeschreibung

Kenshi ist ein Sandbox-Rollenspiel, das sich durch eine vergleichsweise hohe Realitätsnähe und zahlreiche Freiheitsgrade auszeichnet. So besteht u.a. die Möglichkeit im Bergbau oder der Landwirtschaft zu arbeiten, handwerklich tätig zu sein, zu handeln, zu kämpfen oder auch eine eigene Stadt zu errichten. Dabei kann der Spieler im Spielverlauf bis zu 30 Charaktere gleichzeitig direkt steuern und sie kooperieren lassen.

Insbesondere aufgrund seiner Realitätsnähe und des Sandbox-Charakters, bei dem keine Spielziele vorgegeben sind, ist Kenshi zeitaufwändig und schwer zu erlernen. Insofern eignet es sich primär für erfahrene und hinreichend frustrationstolerante Spieler und ist für den Einsatz im Fachunterricht kaum zu empfehlen. Gleichwohl zeichnet sich Kenshi durch eine hohe Langzeitmotivation aus und wird von den Spielern, die die Anfangsschwierigkeiten bewältigen, durchaus geschätzt, was auch in sehr guten Bewertungen etwa bei Steam zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus vermag es abhängig von den gewählten Zielen und dem Spielstil durchaus zur ökonomischen Bildung beizutragen.

Kenshi ist für PC verfügbar, stellt höhere Hardwareanforderungen und wird bei Steam mit einem Regulärpreis von 27€ (reduziert 21,60€) angeboten. Es ist ein Einzelspielerspiel, das keine Internetverbindung benötigt.

 

 

Kompetenzbereiche

 

  A) Entscheidung und Rationalität

 ++

  B) Beziehung und Interaktion

 

  C) Ordnung und System

 +

 

 

Kategorien

 

Arbeitsteilung/Kooperation

 +++

Effizienz/Kosten-Nutzen-Denken

 ++

Knappheit

 +

Opportunitätskosten

 +

Risiko/Unsicherheit

 ++

Wachstum

 +

Zielkonflikt

 +

 

 

Erläuterung

+ wenig    ++ mittel    +++ viel

Allgemeine
Lernziele

Frustrationstoleranz

Inhalte:

Spezialisierungsvorteile, Produktionsketten, Handel
Spezialisierungsvorteile, Produktionsketten, HandelSpezialisierungsvorteile, Produktionsketten, Handel
Ausführliche Spielbeschreibung

Kenshi ist in einer postapokalyptisch-mittelalterähnlichen Welt angesiedelt, in der einfache Technologien (z.B. Schwerter) dominieren, aber auch etliche neuere Technologien (etwa Windräder, teilautomatisierter Rohstoffabbau) nach entsprechender Erforschung verfügbar sind. Im Gegensatz zu den meisten anderen Computerspielen verändert sich die Umwelt und damit auch der Schwierigkeitsgrad während des Spielverlaufs nicht. Dies gilt beispielsweise für die Stärke potenzieller Gegner oder für Ausrüstungsgegenstände. Da die Spielcharaktere zu Beginn noch sehr schwach sind, ist der Spielbeginn recht schwierig und Kämpfe sollten zunächst grundsätzlich zugunsten einer Flucht vermieden werden. Durch entsprechende Tätigkeiten verbessern sich die Eigenschaften. Dazu gehören neben kampfbetonten Aspekten wie Stärke, Geschwindigkeit und unterschiedlichsten Waffenfertigkeiten auch zahlreiche Fähigkeiten, die auf einen friedfertigen Spielstil abzielen, wie Forschung, Landwirtschaft, Schmieden, Arbeiten oder Kochen.

Damit korrespondiert auch die umfassende Handlungsfreiheit in Kenshi, da kein Spielziel vorgegeben ist und der Spielverlauf nicht einmal durch Quests strukturiert wird. Dies dürfte für die meisten Spieler gewöhnungsbedürftig sein und den Einstieg erheblich erschweren, denn man beginnt mit einem Charakter, der in einer kleinen Stadt positioniert ist und weiß zunächst überhaupt nicht, was zu tun ist. Nach einer ersten Orientierung dürften etliche Spieler diese Freiheit durchaus zu schätzen wissen, wenn sie ihre Spielziele selbst festgelegt haben und diese im Spielverlauf ggf. verändern.

Ein weiterer Unterschied zu den meisten anderen Spielen besteht in einer interessanten Verknüpfung von Mikro- und Makroperspektive. Normalerweise steuert man lediglich einen Charakter sehr detailliert (z.B. This Grand Life) oder setzt allgemeine Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich nicht lenkbare Figuren entwickeln (z.B. Anno, Banished). In Kenshi besteht hingegen die Möglichkeit, im Spielverlauf bis zu 30 Charaktere in seine Gruppe aufzunehmen und jeden davon detailliert zu steuern. Dadurch können einerseits komplexe Sachverhalte wie die Gestaltung von Synergieeffekten, Spezialisierung und arbeitsteiliger Kooperation erfahren werden. Andererseits geht mit der Einnahme der Perspektive einzelner Charaktere und deren gezielter Weiterentwicklung eine größere Identifikation und leichterer Transfer auf eigene Lebenssituationen sowie ein höherer Anschaulichkeitsgrad einher. Hinzu kommt die Erfahrung größerer Selbstwirksamkeit, wenn man nicht lediglich auf die Vorgabe der Rahmenbedingungen beschränkt ist, sondern die Charaktere unmittelbar steuern kann.

 

Ein möglicher Spielverlauf könnte sich wie folgt darstellen:

  1. Aufgrund fehlenden Geldes und der allgemeinen Schwäche bzw. Inkompetenz des Startcharakters sollte dieser zunächst längere Zeit Geld verdienen, wofür sich der Abbau von Rohstoffen wie Kupfer anbietet, das bei einem Händler in einer Stadt verkauft werden kann. Dies dürfte einige Spieltage in Anspruch nehmen und ist vergleichsweise langweilig. Allerdings sollte darauf geachtet werden, etwaigen Banditen aus dem Weg zu gehen.
  2. Mit derart verdientem Geld können in der Bar einer Stadt weitere Charaktere gewonnen werden, die ebenfalls Rohstoffe abbauen können, wodurch sich die Ertragslage verbessert. Bis zu einem gewissen Grad können Spielaktivitäten automatisiert werden, was das Management mehrerer Spielfiguren erleichtert.
  3. Dann bieten sich ganz unterschiedliche spielerische Schwerpunkte an, die theoretisch gleichzeitig von verschiedenen Charakteren verfolgt werden könnten. Neben den typischeren Rollenspielaktivitäten wie kämpfen, Verbrecher für Kopfgeld jagen, die Umwelt explorieren und auf Schatzsuche gehen sind auch Tätigkeiten mit stärkerem ökonomischem Bezug möglich. So können Waren gehandelt oder in einer bestehenden Stadt ein Haus gekauft werden, in dem sich Güter herstellen und anschließend verkaufen lassen.
  4. Nachdem genügend Ressourcen erwirtschaftet wurden sowie die Zahl qualifizierter bzw. unterschiedlich spezialisierter Mitstreiter gesteigert wurde, kann eine eigene Stadt bzw. Basis errichtet werden. Hier können Rohstoffe abgebaut und weiterverarbeitet, Landwirtschaft betrieben, Strom für die Produktion erzeugt oder neue Technologien erforscht werden. Weiterhin gilt es, zusätzliche benötigte Ressourcen von anderen Städten zu beziehen und eigene Erzeugnisse zu verkaufen. Auch ist die Stadt so zu gestalten, dass sie gegen Angriffe erfolgreich verteidigt werden kann.
kenshi-beschreibung-anleitung (PDF, 33,61 KB)
Lernpotenzial 

1 Lebenssituationen

In Kenshi werden aufgrund seiner fiktiven und kampfbetonten Umwelt vor allem nichtökonomische Lebenssituationen aus den Bereichen Kampf, Jagd, Diebstahl oder Erkundung abgebildet. Aus dem Spektrum ökonomisch geprägter Lebenssituationen wird in Kenshi primär die des Erwerbstätigen adressiert, da Handel, Landwirtschaft, Rohstoffabbau und Güterproduktion betrieben werden kann.

 

2 Kompetenzen

Da Knappheit von Geld, spielbaren Charakteren und weiteren Ressourcen in Kenshi fast ständig gegeben ist, müssen durchgängig rationale Entscheidungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen und (selbst definierten) Ziele getroffen werden, beispielsweise bzgl. folgender Fragen:

  • Welche Aufgaben sollen die einzelnen Spielcharaktere übernehmen und wie sollen sie sich entsprechend spezialisieren?
  • Wer soll welche Güter in welcher Menge herstellen?
  • Welche Produkte werden von der eigenen Gruppe produziert, welche sollten zugekauft werden?
  • Wo sollte die eigene Basis bzw. Stadt gebaut werden? Hierbei gilt es Faktoren wie Sicherheit, Distanz zur Beschaffungs- und Absatzmärkten oder die Eignung für Landwirtschaft und Rohstoffabbau zu berücksichtigen.

 

Aus dem Kompetenzbereich ‚Beziehung und Interaktion‘ sind mit Kenshi kaum Kompetenzen erwerbbar, da alle Mitglieder der Gruppe unmittelbar vom Spieler gesteuert werden und außer Gesundheit und Nahrung keine weitergehenden Bedürfnisse und individuellen Interessen haben.

Der Kompetenzbereich ‚Ordnung und System‘ wird ebenfalls kaum adressiert, wenngleich Aspekte wie Arbeitsteilung, Spezialisierungsvorteile und Handel zumindest für grundlegende Fragen einer Wirtschaftsordnung sensibilisieren.

3 Kategorien/Denkschemata

  • Knappheit: Dieses Grundproblem der Ökonomik ist in Kenshi gut abgebildet, da insbesondere zu Beginn des Spiels Geld, Mitstreiter und weitere Ressourcen sehr knapp sind, was  sparsames bzw. effizientes Handeln nahelegt.
  • Arbeitsteilung: Da Kompetenz und Effizienz eines Charakters bei einer bestimmten Tätigkeit von ihrer bisherigen Erfahrung abhängen, liegt nahe, die Figuren unterschiedlich zu spezialisieren und sie entsprechend einzusetzen. So sollten beispielsweise einige Charaktere primär für den Rohstoffabbau und andere für die Herstellung bestimmter Güter eingesetzt werden, da so die Produktivität deutlich höher ist, als wenn sie unabhängig von ihren spezifischen Fähigkeiten verwendet werden. Damit geht allerdings auch erhöhte Koordinationsaufgaben für den Spieler einher. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Ausgestaltung der recht realistischen und komplexen Produktionsketten.
    Zusätzlich zur Arbeitsteilung innerhalb der eigenen Charaktergruppe ist auch zu entscheiden, welche Leistungen selbst erbracht werden und was zugekauft werden soll, da sich mit maximal 30 Charakteren nicht alle relevanten Aspekte des Spiels effizient bewältigen lassen.
  • Risiko: Ein wesentlicher Teil des Risikos in Kenshi geht von feindlichen Überfällen auf sich in der Spielwelt bewegende Charaktere und auf die eigene Stadt aus. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit in Sicherheit zu investieren, sei es durch angeworbene Söldner oder in Form eigener auf Kampf spezialisierter Spielcharaktere. Diese stehen dann allerdings nicht für wirtschaftliche Aktivitäten wie Güterherstellung zur Verfügung, womit auch die Kategorie der Opportunitätskosten adressiert wird.
    Ein anderer Aspekt des Risikos ergibt sich, falls sich der Spieler als Dieb betätigt, da damit die Gefahr einhergeht, entdeckt und bestraft zu werden. Da jedoch die Möglichkeit besteht, seinen Spielstand vor einer riskanten Aktivität zu speichern und im Fall des Misserfolgs den früheren Zustand wiederherzustellen, ist das zugehörige Risiko leicht reduzierbar. Dies macht die Diebesstrategie deutlich zu attraktiv und gleichzeitig realitätsfern. Insofern sollten Spieler entweder möglichst ganz auf Diebstähle verzichten, was sich auch aufgrund ethischer Überlegungen anböte, oder zumindest die Konsequenzen eines Misserfolgs tragen, statt den früheren Stand zu laden.
  • Wachstum: Diese Kategorie findet sich in Kenshi wieder, da der Spieler zunächst mit nur einem Charakter und fast ohne Ressourcen und Geld beginnt. Je nach Spielziel kann dann angestrebt werden, mehr Geld und mehr Charaktere zu erhalten, um schließlich auch eine Stadt zu bauen, die sich wiederum in vielerlei Hinsicht (z.B. Verteidigungsstärke, Größe, Zahl der Produktionsanlagen) verbessern lässt.

 

4 Inhalte

Die wirtschaftlichen Inhalte des Spiels liegen in erster Linie in der arbeitsteilungsbedingten Spezialisierung und der Gestaltung und Koordination komplexerer Produktionsprozesse vom Rohstoffabbau und deren Weiterverarbeitung über die Herstellung von Gütern bis zu deren Verkauf.

Weiterhin können auch elementare Prinzipien des Fernhandels erlernt werden.

 

5 Fachliche Fehler

Nennenswerte fachliche Fehlkonzepte dürften durch Kenshi nicht befördert werden. Gleichwohl finden sich einige realitätsferne Vereinfachungen:

  • Die eigenen Spielcharaktere haben außer dem Wunsch nach Gesundheit und Nahrung keine weiteren zu befriedigenden Bedürfnisse und wirken in dieser Hinsicht robotergleich.
  • Wie bereits erwähnt ist die Tätigkeit als Dieb durch die Möglichkeit des Speicherns unangemessen attraktiv, da sich hierdurch das Risiko de facto ausschalten lässt.
  • Die Nachfrage und Preise nach bestimmten Gütern sind an den einzelnen Orten jeweils konstant. Händler haben jeden Tag einen bestimmten Geldbetrag für den sie alle beliebigen Güter ankaufen. Schwankende Preise und Sättigungseffekte bei der Nachfrage würden das Spiel interessanter und realistischer machen.
Unterrichtseinsatz

Kenshi ist zeitaufwändig, hat eine steile Lernkurve und weist gleichzeitig ein überschaubares wirtschaftliches Lernpotenzial auf. Insofern ist es grundsätzlich nur für erfahrene Spieler mit hinreichender Gaming Literacy attraktiv und weist gleichzeitig ein ungünstiges Zeit-Lernpotenzial-Verhältnis auf, weswegen es für formale Lernprozesse nicht empfohlen werden kann.

Für semiformelles Lernen etwa in Form von freiwilligen Arbeitsgemeinschaften kann es eingesetzt werden, wobei den Spielern ein weiter fortgeschrittener Spielstand mit mehreren Charakteren und einer zumindest einfachen Stadt zur Verfügung gestellt werden sollte. Dadurch entfällt der aufwändige Beginn, wodurch eine Konzentration auf vorgegebene Ziele möglich wird. So könnten die Spieler aufgefordert werden, eine weitgehend autarke Stadt zu entwickeln, bestimmte Produktionsketten aufzubauen oder einen bestimmten Geldbetrag zu erwirtschaften.

Die dargestellten Lernwirkungen dürfte Kenshi vor allem im Rahmen des impliziten und informellen Lernens entfalten, wenn Spieler der Zielgruppe bestimmten Berufen nachgehen oder im späteren Spielverlauf schließlich eine eigene Stadt gründen und entwickeln möchten.

Weiterführende Links
  • Guides für Einsteiger
  • Umfassendes englischsprachiges Wiki

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